Neue Wege meldet steigende Zahlen bei Anträgen auf Bildung und Teilhabe

Seit Jahresbeginn 2012 sind bereits 3.200 Anträge auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes von SGB II-Beziehern in den Jobcentern Mörlenbach, Viernheim, Bürstadt und Heppenheim eingereicht worden. Im Vergleich: Im gesamten Jahr 2011 wurden 2.381 Anträge gestellt. Damit hat sich der Anteil der Eltern, die das Bildungspaket in Anspruch nehmen, deutlich erhöht.

„Unsere aktive Information über das Bildungspaket im Kreis Bergstraße trägt Früchte – die Unterstützung wird immer besser angenommen, die Zahl der Anträge steigt kontinuierlich. Das ist eine erfreuliche Entwicklung in die richtige Richtung. Das Bildungspaket kann allerdings ohne die Initiative der Eltern nicht funktionieren. Es ist eine große Chance für bedürftige Kinder, aus der Armut auszubrechen. Dafür sollten sich alle Beteiligten auf allen Ebenen stark machen. Wir können nur an alle Eltern appellieren im Sinne ihrer Kinder Anträge zu stellen. Auch Eltern, die keine Sozialleistungen erhalten, können ihren Anspruch überprüfen lassen. Bei Fragen rund um das Bildungspaket steht auch eine Hotline zur Verfügung. Die Mitarbeiter des Teams Bildungspaket helfen gerne weiter“, so der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz.

Das Bildungspaket wurde Anfang 2011 für Kinder einkommensschwacher Familien ins Leben gerufen, um für Kinder und Jugendliche Chancengleichheit zu schaffen. Das Angebot reicht von Schulausflügen, Sportaktivitäten im Verein bis hin zum gemeinsamen Mittagessen in Schule, Kita und Hort. Auswertungen zeigen eine klare Rangfolge bei der Beantragung der Leistungen: An der Spitze stehen die Zuschüsse für Mittagessen, gefolgt von denen für Schulausflüge, Klassenfahrten und Vereinsbeiträge. Nachhilfe-Angebote und Lernförderung werden dagegen weniger nachgefragt.

Ein Nachweis, dass das Angebot von vielen Förderberechtigten genutzt wird, zeigt sich auch an folgenden Zahlen: Wurden 2011 im Kreis Bergstraße für den Rechtskreis des SGB II für Mittagsverpflegung in Schulen, Kitas, Horten und Kindertagespflege 49.800 Euro ausgegeben, sind es mit Stand vom 30.06.2012 bereits 96.000 Euro.

Eine Übersicht über alle Angebote und Leistungen finden Interessierte auf der Homepage des Bildungspaketes von Neue Wege (www.bildungspaket.neue-wege.org) sowie in den Broschüren, die in allen Jobcentern erhältlich sind. Die Service-Hotline (06252 / 156051) ist während der Sprechzeiten (Montag, Dienstag und Donnerstag von 9:00 bis 11.30 Uhr sowie von 13.00 bis 15.00 Uhr. Freitags von 09.00 und 11.30 Uhr) erreichbar.

„Die Zukunft wird nicht die Verlängerung der Vergangenheit sein – es ist Zeit zu handeln!“ – Austausch und Vernetzung beim Demografie-Tag von Neue Wege

„Eines ist sicher, wir alle tragen Verantwortung für die Gesellschaft, in der wir leben. Wir alle sind aufgefordert, aktiv am demografischen Wandel mitzuwirken“, so die einleitenden Worte des Demografie-Lotsen Christian Stakelbeck von Neue Wege Pro Arbeit 50PLUS zu Beginn des Demografie-Tages des Eigenbetriebes. Die Veranstaltung „Mit 72 Bundespräsident? Auf die Älteren können wir in der Arbeitswelt nicht verzichten!“ lockte zahlreiche Arbeitsmarktakteure, regionale Entscheidungsträger, soziale Einrichtungen und interessierte Bürger in den Lorscher Paul-Schnitzer-Saal zum gemeinsamen Austausch und der Beschäftigung mit der demografischen Situation.

Doch was bedeutet der demografische Wandel genau? Wie sind die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft? Der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz verdeutlicht: „Die Unternehmen brauchen mehr denn je qualifizierte Arbeitnehmer. Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten Menschen aus dem Arbeitsmarkt auszugrenzen.“
Der profilierte Referent Dr. Winfried Kösters, zertifizierter Demografie-Trainer der Bertelsmann-Stiftung und Demografie-Berater für die Bundesregierung, schließt sich in seinem Vortrag Thomas Metz an. Er erklärt, dass die Welt, wie sie heute ist, in 20 Jahren so nicht mehr existieren wird. Die Menschen müssten lernen, ein anderes Bild vom Altern zu haben – viele Arbeitgeber und auch Politiker hätten ein überholtes Bild vor Augen. „Der Demografische Wandel ist nicht nur ein Thema das mit Alter verbunden ist – es geht nicht allein um Seniorenpolitik. Wir werden weniger, älter und bunter“, so Dr. Kösters.

Was bedeutet das für uns? Die Einwohnerzahlen werden nach und nach sinken und der Anteil älterer und hochbetagter Menschen nimmt stetig zu – die Gesellschaft überaltert. Somit haben dann auch die Unternehmen mit einer Überalterung ihrer Belegschaft zu rechnen. Gleichzeitig wird es schwieriger werden, freigewordene Stellen zu besetzen. Bei einer konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau fehlt es dann an nachrückenden Arbeitskräften. Auch die kulturelle Vielfalt in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt wird zunehmen – Menschen aus anderen Regionen Deutschlands wie auch aus anderen Ländern ziehen in die Region. Die Frage sei nicht, ob es so kommen wird, denn dies wird tatsächlich so geschehen, sondern wie wir mit der Situation umgehen und den Wandel gestalten, sagt Dr. Kösters.

„Die Menschen müssen für das Thema Demografischer Wandel sensibilisiert werden. Wir werden auf allen Ebenen immer stärker mit dieser Entwicklung konfrontiert – der demografische Wandel geht jeden etwas an“, betont auch Thomas Metz.

Mit Blick auf die Frage, wie dem demografischen Wandel aus Sicht von Arbeitgebern, Neue Wege und der Wirtschaftsförderung Bergstraße begegnet werden kann, wurden während einer Podiumsdiskussion gemeinsam mit den Zuhörern Ansätze erarbeitet und Defizite aufgezeigt. Gemeinsam mit der Zuhörerschaft diskutierten Dr. Winfried Kösters, Dr. Matthias Zürker, Wirtschaftsförderung Bergstraße, Unternehmer Dipl. Ing. Rolf Stadler, Betriebsleiter Neue Wege, Stefan Rechmann, Fritz Strößinger vom Arbeitgeberservice Neue Wege und Projektleiterin Brigitte Wecht, ProArbeit 50PLUS.

Neue Wege Betriebsleiter Rechmann erklärte: „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, wir als kommunales Jobcenter sind die Schnittstelle zwischen Bewerbern und Arbeitgebern. Unsere Fallmanager sind die Basis einer guten Vermittlungsarbeit, sie halten sowohl Kontakt zu unseren Kunden wie auch zu Unternehmen. Nur so ist eine zügige Vermittlung in Arbeit möglich. Wir arbeiten auch weiter daran mehr Qualifikationsmaßnahmen für die Generation ab 50 Jahren anbieten zu können.“

Denn, so bestätigt auch Dr. Kösters, die Gesellschaft kann sich auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel gerade den Verzicht auf die älteren Arbeitnehmer nicht mehr leisten. Als Zielgruppen zur Befriedigung des Fachkräftebedarfs sieht der Referent Frauen, Zuwanderer, Jugendliche ohne Abschluss, Menschen mit Behinderung und ältere Menschen an. Aus diesem Grund müsse beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. „Auswertungen zeigen, dass deutlich mehr Frauen Abitur und einen Hochschulabschluss machen – die Elite der Zukunft ist weiblich“.

Mit einem Denkanstoß entließ der Referent Dr. Kösters die Zuhörer: „Wir alle, alt wie jung, sind aufgerufen, aktiv am demografischen Wandel mitzuwirken. Denn: Die Jungen können schneller rennen. Aber die Älteren kennen die Abkürzung.“

Betriebskommission Neue Wege beschließt: Weiterhin bewährte Maßnahmen im Angebot und ein neues Förderinstrumente für ältere Langzeitarbeitslose

Bei ihrer letzten Sitzung beschloss die Betriebskommission des Eigenbetriebes Neue Wege Kreis Bergstraße -Kommunales Jobcenter- die Weiterführung des bestehenden Maßnahmeangebots und die Zustimmung zu einem neuen Projekt speziell für die Generation ab 50.
„Wir möchten ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Verfügung stellen, um für alle unsere Kundinnen und Kunden das passende Förderprogramm anbieten zu können. Das beschlossene Maßnahmenpaket hat ein Volumen von rund 1,6 Millionen Euro“, informiert der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz.
Die Träger AWO Bergstraße und Caritasverband Darmstadt e.V. werden für weitere 12 Monate Anlaufstelle für Suchtkranke sein. Die Ansprechpartner, die flächendeckend im Kreis Bergstraße zur Verfügung stehen, bieten Beratung und Behandlung für Betroffene an. Auch bei der psychosozialen Betreuung in Zusammenarbeit mit dem Haus der Gesundheit in Hep-penheim finden Ratsuchende für ein weiteres Jahr einen Ansprechpartner, der auch direkt im häuslichen Umfeld beratend zur Seite steht.
Arbeitslosengeld II-Bezieher die mit ihrer persönlichen Situation überfordert sind und nicht in regelmäßigem Kontakt mit dem Jobcenter stehen, werden von Mitarbeitern der Aktivierungsmaßnahme „Aufsuchende Hilfe“ zu Hause besucht. Der Vermittler macht Entscheidungen zu Maßnahmen nachvollziehbarer, hilft das Vorgehen des Jobcenters zu verstehen und begleitet auf Wunsch die Behördengänge. Die Betreuung wird in Zusammenarbeit mit der Kombrecht-Engel-Schule, dem KuBus e.V. und der SRH GmbH für weitere 12 Monate fortgeführt.
Das Aktionscenter Hirschhorn des Berufsbildungswerks Neckargemünd GmbH hat die rasche Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt oder in eine Ausbildung zum Ziel. Erwachsene und Jugendliche erhalten hier ein arbeitsmarktorientiertes Coaching, sozialpädagogische Unterstützung und eine gezielte Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche. Bestehen Defizite im Umgang mit dem PC können beispielsweise auch EDV Grund- und Aufbaukurse belegt werden.
In Bensheim, Lampertheim, Viernheim und Mörlenbach werden auch künftig Maßnahmen speziell für Alleinerziehende zur Verfügung stehen. Die Trägergemeinschaften DIA GmbH/Sprache und Bildung GmbH, das Diakonische Werk Bergstraße/Förderverband Viernheim e.V und das Berufsbildungswerk Neckargemünd GmbH/SRH GmbH können gleichzeitig bis zu 85 Langzeitarbeitslose auf ihrem Weg zurück in den Arbeitsmarkt begleiten. Die Stärkung der beruflichen und sozialen Kompetenzen, die Begleitung des Bewerbungsprozesses, die Organisation der Kinderbetreuung und der Abbau der Vermittlungshemmnisse stehen bei der Arbeit mit den Teilnehmern im Vordergrund. Termine sind individuell vereinbar – auf fehlende Kinderbetreuung oder geringfügige Beschäftigungen wird Rücksicht genommen.

Ein weiteres neues Förderinstrument, 50plus in Fahrt, richtet sich speziell an die ältere Generation. Ob Potentialcoaching, Gesundheitsmodule, überzeugend auftreten im Bewerbungsgespräch oder Bewerbungstraining – hier werden die Best Ager von verschiedenen Dienstleistern gezielt auf einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt vorbereitet. In einem fünf Module umfassenden Programm erhalten die Teilnehmer begleitende, individuelle und bedarfsorientierte Hilfe und Beratung während des Integrationsprozesses.
„Mit der Verbreiterung unseres Maßnahmenangebots um zielgruppenorientierte Förderinstrumente werden die Möglichkeiten der individuellen und lebenslagenbezogenen Hilfe stetig weiter ausgebaut“, so Betriebsleiter Stefan Rechmann.
Die Einstiegsoffensiven in Bensheim und Birkenau (Bietergemeinschaft SRH Berufliche Rehabilitation GmbH und Berufsbildungswerk Neckargemünd GmbH) Lautertal und Lorsch (Bietergemeinschaft Softdoor GmbH und DIA GmbH) werden nach Zustimmung der Betriebskommission ab März 2013 an die neuen Träger vergeben. Während der achtwöchigen Maßnahme ist die Integration in den ersten Arbeitsmarkt oder eine betriebliche Ausbildung das Ziel. Um schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können, sind die Teilnehmer vier Tage die Woche jeweils drei Stunden im Jobcenter aktiv auf Jobsuche und er-halten durch Coachs Unterstützung rund um das Thema Stellensuche, Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräche.
Das Integrationscenter Weschnitztal wird weiterhin für 15 Monate von der Merkur Schule betreut. Über vier Monate hinweg werden an vier halben Tagen pro Woche mit Unterstützung des Kursleiters unter anderem Stärken und Schwächen der Teilnehmer analysiert, Bewerbungsunterlagen erstellt, Vorstellungsgespräche trainiert, Kompetenzen gestärkt und Tipps und Hilfe für den Alltag gegeben.
Darüber hinaus hat die Betriebskommission zugestimmt, die Maßnahme Aktivierung und Orientierung Standort am Rimbach in Kooperation mit dem Diakonischen Werk Bergstraße fortzuführen. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit sich in den Arbeitsfeldern Landschaftspflege, Möbelmontage, Holzverarbeitung, Transportfahrer, Verkauf und Büro zu erproben und wieder einen Arbeitsalltag zu erleben. Durch unterstützende Schulungen erhalten die Teilnehmer das nötige Wissen und werden fest in den „Betrieb“ eingebunden. Das erworbene Zertifikat erleichtert den Sprung in den Arbeitsmarkt.

Thomas Metz macht deutlich: „Wir haben auch weiterhin große Aufgaben vor uns. Die individuelle und gezielte Förderung jedes einzelnen Arbeitslosen steht für uns an erster Stelle. Nur so kann eine rasche Rückkehr in Arbeit ermöglicht werden.“

Schon heute gibt’s mehr Alte als Junge

Bergstraße. Es geht bergab mit uns. Die Deutschen werden weniger. Aber auch älter und bunter. Alle müssen umdenken: Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmer, Junge, Alte und Mittlere. “Die Zukunft ist nicht mehr die Verlängerung der Vergangenheit”, so der Publizist und Demografieexperte Dr. Winfried Kösters. Sein Plädoyer: Weil die gesellschaftlichen Verschiebungen mittelfristig nicht mehr aufzuhalten sind, müssen sich alle Beteiligten auf die veränderten Bedingungen einstellen. Wenn der Nachwuchs fehlt, müssen neue personelle Ressourcen erschlossen werden.

Ohne die Alten geht nichts mehr

Im Rahmen der bundesweiten Demografie-Woche, die heute zu Ende geht, hatte der Bergsträßer Eigenbetrieb Neue Wege zu einem “Demografie-Tag” ins Lorscher Museumszentrum eingeladen. Vertreter aus Wirtschaft, Arbeitsförderung und sozialen Einrichtungen sowie Bildungsträger aus der Region diskutierten die Herausforderungen in einer älter werdenden Gesellschaft.

Mit Kösters war einer der profiliertesten Kenner des Themas vor Ort. In seinem einstündigen Vortrag beleuchtete er die vielfältigen Auswirkungen der demografischen Enzwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven. Fazit: Ohne die Alten geht bald gar nichts mehr.

“Mit 72 Bundespräsident?” lautete der Titel der Veranstaltung, zu der gut 60 Gäste – aus unterschiedlichen Altersklassen – in den Paul-Schnitzer-Saal gekommen waren. Ihnen schrieb der Moderator, Trainer und Berater mit leidenschaftlicher Vehemenz hinter die Ohren, dass es ein “Weiter so!” nicht geben kann und geben darf. “Die Welt von heute hat in 20 Jahren aufgehört zu existieren.” Kösters will zum Umdenken motivieren, bezweifelt aber zugleich, dass die Politik in der Lage ist, das Thema nachhaltig auf der Agenda festzunageln. Als Demografiestratege der Bundesregierung sitzt er immerhin in der Nähe jener Hebel, die die Weichen stellen können.

Mehr Alte als Junge: Eine solche demografische Situation habe es in der Menschheitsgeschichte niemals gegeben. Schon heute würden mehr Inkontinenz-Hilfen als Babywindeln verkauft. Für die Nation gehe es nicht um das “ob”, sondern um das “wie” der Umstellung. Ein Ruhestand mit 60 sei weder zukunftstauglich noch realistisch. Um die Volkswirtschaft auf Trab zu halten, müsse man mit dem Irrglauben aufräumen, dass man auf die ältere Generation verzichten könne. Auch die Definition, was alt ist, benötige eine kollektive Restauration: “Die 60-jährige Frau, die zu Hause hockt und Socken für die Enkel strickt, gibt es längst nicht mehr.” Die Gruppe derer im Alter von 50 plus dürfe nicht mehr öffentlich diskreditiert werden. Statt von “seniorengerecht” spreche man heute von “generationenfreundlich”.

Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften haben laut Kösters ein völlig falsches Bild von der tatsächlichen Situation. In einem Land mit einer seit vier Jahrzehnten konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau seien spontane Reparaturen unmöglich. “Das ist Mathematik.” Es gehe darum, sich mit einer unvermeidlichen Zukunft bestmöglich zu arrangieren. “Was nicht heißt, dass wir nicht wieder mehr Kinder machen sollten.” In anderen Ländern funktionierte das recht gut. “Das Verfahren ist das gleiche.”

Besonders die Arbeitswelt sei aufgefordert, neue Zielgruppen zu erschließen, um den anklopfenden Personalmangel einigermaßen abfedern zu können. Er rät: Die Unternehmen müssen flexibler werden, um überleben zu können.

Die Masse der Älteren sei das größte Potenzial. Sie bringen Erfahrung, Zuverlässigkeit und Wissen mit. Wer einen 70-Jährigen aufgrund seines Alters nicht einstellt, lebe in einer irrationalen Scheinwelt und betreibe keine kreative Personalpolitik. “Der Begriff vom alten Eisen stimmt nicht mehr.” Beim Blick auf die Alterspyramide offenbart sich: Die Senioren von heute sind Gold wert.

Doch wir werden auch bunter: Schon 16 Millionen Deutsche und bereits jedes dritte hier geborene Kind besitzen einen sogenannten Migrationshintergrund. Diese Gruppe müsse nicht nur beruflich, sondern auch sprachlich und gesellschaftlich viel stärker eingebunden werden. “Wir haben 40 Jahre lang aneinander vorbei gelebt”, betont Kösters. Eine kommunale Integrationspolitik sei daher schleunigst nötig. Interkulturelle Kompetenz wird immer wertvoller. Aber es gibt noch viel zu tun: In Deutschland gehört das Ausländerrecht in den gesetzlichen Bereich “Gefahrenabwehr”. Klingt wenig einladend.

Menschen mit Handicap

Ein weitere wichtige Personalressource sind Menschen mit einem Handicap, die nach ihren individuellen Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt aktiviert werden könnten. “Viele mit einer offiziell 100-prozentigen Behinderung sind zu 95 Prozent und mehr einsatzfähig”, so Winfried Kösters. Arbeitgeber müssten auf dieses Potenzial zugreifen, um nicht auszubluten.

Fazit und Ausblick des Demografieexperten: “Wir müssen uns grundlegend neu organisieren.” Ohne eine angepasste Ausrichtung an erweiterte Zielgruppen könnten wirtschaftlicher Wohlstand, eine funktionierende Arbeitswelt und sozialer Frieden nicht erhalten werden.

Bergsträßer Anzeiger, 18.10.2012

Ohne die Älteren geht es nicht

Demografischer Wandel – Vortrag von Winfried Kösters bei der Initiative „Pro Arbeit 50 Plus“ in Lorsch

LORSCH.
Was verbirgt sich hinter dem demografischen Wandel, und wie wirkt er sich auf eine Gesellschaft aus? Unter dem Dach des Eigenbetriebs Neue Wege Kreis Bergstraße bemühen sich die Mitarbeiter der Initiative „Pro Arbeit 50 Plus“ gezielt darum, ältere Menschen in sozialversicherungspflichtige Jobs zu vermitteln. Vor diesem Hintergrund hatten die Verantwortlichen am Dienstagabend zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion nach Lorsch eingeladen.
Referent war Winfried Kösters, freier Journalist und Berater der Bundesregierung in sozialpolitischen Fragen. Über den demografischen Wandel hat er ein Sachbuch geschrieben: „Weniger, bunter, älter“. Diese Worte markieren aus Kösters Sicht die Grundpfeiler einer Entwicklung, die schon jetzt spürbar sei. Denn, wie der Referent im Laufe des Abends immer wieder betonte: „Die deutsche Bevölkerung wird schrumpfen und sich in ihrer Struktur nachhaltig verändern.“
Was bedeutet das? Unter dem Titel „Mit 72 Bundespräsident? Auf die Älteren können wir in der Arbeitswelt nicht verzichten!“ diskutierten nach Kösters Vortrag Fachleute aus der Region über das Thema. „Wir können es uns nicht leisten, ältere Menschen dauerhaft aus dem Arbeitsmarkt auszugrenzen“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Thomas Metz (CDU) zu Beginn.
Kösters plädierte zu Beginn seines Vortrags für eine Abkehr von der konventionellen Annahme, steigendes Alter sei am Arbeitsmarkt ein Ausschlusskriterium. „Jüngere können vielleicht schneller rennen, Ältere kennen dafür die Abkürzungen.“ Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei daher eine Herausforderung, die nicht nur die junge Generation betrifft.
Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel in Deutschland sei die Einbindung der Älteren in einen flexiblen Arbeitsmarkt ein zentraler Lösungsaspekt. Kösters zog einen Vergleich zwischen dem geburtenstärksten Jahrgang von 1964 mit dem aktuellen Wert von 2011. Die Geburtenrate in Deutschland habe sich in diesem Zeitraum nahezu halbiert. „Das heißt, dass nur noch jeder zweite Arbeitsplatz von Nachgeborenen besetzt werden kann, wenn die Generation von 1964 in Rente geht“, zeichnete Kösters das Bild einer fatalen Entwicklung, die schon jetzt unumkehrbar sei. Allein im Kreis Bergstraße und im Odenwaldkreis werde der Anteil der Über-Sechzigjährigen bis 2030 ungefähr 30 Prozent ausmachen. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft seien absehbar, weshalb zeitnah an tragfähigen Konzepten gearbeitet werden müsse.
Wesentliche Zielgruppen zur Deckung des Fachkräftebedarfs seien heute Frauen, Einwanderer, Jugendliche ohne Schulabschluss, Menschen mit Behinderung und eben ältere Menschen. „Die Elite der Zukunft ist weiblich.“ Kösters verwies darauf, dass schon jetzt deutlich mehr Frauen Abitur machten und eine akademische Laufbahn einschlagen als Männer. Anreize, was die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf angeht, seien deshalb unumgänglich. Auch müsse der immer noch viel zu hohen Zahl von bis zu 64 000 Jugendlichen, die in Deutschland jährlich ohne Schulabschluss abgehen, gezielt entgegen gewirkt werden.

Wichtig, darin stimmten alle Beteiligten überein, sei eine effiziente Vernetzung zwischen den Unternehmen und den Kunden, die im Eigenbetrieb Neue Wege auf ihre Rückkehr in den Arbeitsmarkt vorbereitet würden. Aus dem Publikum wurde der Vorschlag geäußert, bei Bewerbungen zukünftig nur die Qualifikation und nicht Alter, Herkunft oder Geschlecht in den Mittelpunkt zu stellen. Wasser auf die Mühlen von Winfried Kösters, der die Richtung plakativ vorgab: „Ein ,Weiter so’ kann es nicht mehr geben“.

Starkenburger Echo, 18.10.2012

Demografie-Tag von Neue Wege: Interessierte sind am 16.10.2012 in den Paul-Schnitzer-Saal in Lorsch zu Vorträgen und Austausch eingeladen

„Mit 72 Bundespräsident? Auf die Älteren können wir in der Arbeitswelt nicht verzichten!“ – unter diesem Motto findet der Demografie-Tag des Eigenbetriebes Neue Wege Kreis Bergstraße -Kommunales Jobcenter- statt. Die Veranstaltung am 16. Oktober bringt Vertreter aus Wirtschaft, Arbeitsförderung und sozialen Einrichtungen sowie Bildungsträger der Region Bergstraße zum gemeinsamen Austausch und der Beschäftigung mit der demografischen Situation zusammen. Alle Interessierten sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.

Die Menschen werden immer älter. Bereits heute hat sich eine starke Altersdynamik vollzogen, der Anteil an älteren Menschen nimmt stetig zu. Dies führt zu einer zunehmenden Überalterung der Gesellschaft und somit auch der Belegschaft in den Unternehmen. Der Eigenbetrieb Neue Wege freut sich, zu diesem wichtigen Thema mit Herrn Dr. Winfried Kösters einen der profiliertesten Referenten zum Thema Demografischer Wandel begrüßen zu können. Er kann als zertifizierter Demografie-Trainer der Bertelsmann-Stiftung auf eine umfangreiche Beratertätigkeit für die Bundesregierung und verschiedene Kommunen, Verbände und Institutionen zurückschauen. Dr. Kösters informiert an diesem Abend über die Personalressourcen des Arbeitsmarktes, die den Unternehmen zur Verfügung stehen. Im Rahmen einer sich anschließenden Podiumsdiskussion werden die Chancen des demografischen Wandels diskutiert. Interessierte sind am Dienstag den 16.10.2012 ab 18.00 Uhr in der Nibelungenstraße 35 im Paul-Schnitzer-Saal in Lorsch herzlich zu Vorträgen und einer Diskussionsrunde willkommen.

Eine telefonische Anmeldung zur Veranstaltung ist möglich (06209 / 797649 Ansprechpartner Demografie-Lotse Christian Stakelbeck).