Jahrespressekonferenz von Neue Wege: Kommunales Jobcenter setzt auf Kontinuität und neue Impulse für das Jahr 2013

Zufrieden mit dem Erreichten zeigten sich der Erste Kreisbeigeordnete Thomas Metz, Neue Wege Betriebsleiter Stefan Rechmann und dessen Stellvertreter Harald Weiß bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2012 des kommunalen Jobcenters. „Wir können auf ein erfolgreiches Jahr 2012 zurückblicken. Ein Blick auf die Statistik zeigt beste Werte bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Kreis. Die Zahl der SGB II-Empfänger konnte von 4220 im Vorjahresmonat auf 3949 Arbeitslose im Dezember 2012 reduziert werden“, so der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz bei der Jahrespressekonferenz.
Auch die Arbeitslosenquote des Kreises ist von 3,06 Prozent in 2011 auf 2,9 Prozent in 2012 gesunken – ein gutes Ergebnis, betrachtet man den hessischen Durchschnitt mit 3,87 Prozent. Mit diesem Wert befindet sich der Kreis Bergstraße unter den Top 3 bei der Senkung der Langzeitleistungsbezieher unter den Kommunen in Hessen. Metz und Rechmann freuen sich ebenfalls über die Abnahme bei den Kosten der Unterkunft und der Regelleistung, die sich auf Grund der positiven Entwicklung, im Vergleich zu 2008, um 8 Millionen Euro reduzierten.
Das von Neue Wege angebotene Maßnahmepaket wurde in 2012 erweitert: Die Einstiegsoffensive, das zentrale Instrument der Eingliederungsstrategie von Neue Wege, wurde durch das Projekt eoPLUS für Menschen mit multiplen, zumeist gesundheitlichen Problemlagen, komplettiert. Im Sommer 2012 gestartet, waren mit Stand Januar 2013 112 Personen in die verschiedenen Phasen der eoPLUS eingebunden. Das Pilotprojekt wird bis Mitte des Jahres ausgewertet und eventuell auch auf andere Standorte ausgeweitet, berichtet Rechmann.
Um bedürftige Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Verhältnissen zu unterstützen, wurde bereits 2011 das Bildungs- und Teilhabepaket ins Leben gerufen. Bis Ende des Jahres 2012 sind 4688 Anträge auf Bildung und Teilhabe von SGB II-Beziehern in den vier Jobcentern des Kreises eingegangen, die Tendenz ist kontinuierlich steigend.
„Die Quote der Inanspruchnahme beläuft sich im Kreis Bergstraße auf 46,20 Prozent. Mit Blick auf die durchschnittliche Inanspruchnahme in Hessen mit 42,69 Prozent ein ordentliches Ergebnis, aber auch ein Grund, um das Bildungspaket kontinuierlich weiter zu bewerben. Auf Bundesebene läuft zudem ein Vereinfachungsverfahren für die Antragstellung, um den Zugang weiter zu verbessern, denn alle Kinder sollen die Möglichkeiten nutzen können. Wir stehen zudem in gutem Kontakt mit dem Schulamt, um zu prüfen, wie auch bis jetzt nicht anspruchsberechtigt Kinder das Bildungspaket in Anspruch nehmen können“, erklärt Betriebsleiter Rechmann. Er appelliert an die Eltern: „Stellen Sie im Sinne ihrer Kinder einen Antrag und lassen Sie prüfen, ob sie anspruchsberechtigt sind.“

Das kommunale Jobcenter wird sich ab 2013 besonders vier Schwerpunktthemen widmen: Neben der Gruppe der Alleinerziehenden und Jugendlichen sind es besonders die älteren und Behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen, auf denen das Augenmerk der Fallmanagerinnen und Fallmanager von Neue Wege liegen wird.
Stefan Rechmann betont: „Arbeitssuchende Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, sind ganzjährig im Fokus unserer Vermittlungsbemühungen. Das Thema Inklusion ist im Kreis ein Generalthema – die Unterstützung von Behinderten und von Behinderung bedrohter Menschen wird 2013 ausgeweitet. Unsere Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit mit Arbeitgebern weiter zu verstärken, um diesen Menschen eine Chance zu geben. Aus dem gemeinsamen Dialog sollen neue Qualifikationsprojekte entstehen, die sich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren“.
Desweiteren werden die Fördermaßnahmen innerhalb des 50Plus-Projektes weiter ausgebaut. So werden die bestehenden Angebote fortgeführt und eine Qualifizierung im Garten- und Landschaftsbau sowie eine Fördermaßnahme rund um das Thema Bewerbungsverfahren geschaffen.
Thomas Metz blickt jedoch auch verhalten auf die kommenden Monate: „Unsere Aufgabenstellung wird dieses Jahr nicht einfacher, die Vermittlungszahlen werden in den kommenden Monaten auf Grund der schwierigen Aufgabe eher sinken. Denn die Verringerung der Arbeitslosenzahlen fällt immer schwerer, je weniger Arbeitslose verblieben sind. Der Anteil der Älteren, schlechter Qualifizierten und Langzeitarbeitslosen steigt – je verfestigter die Arbeitslosigkeit, umso mühsamer ist der Weg zurück in den Arbeitsmarkt. Wir haben deshalb dieses Jahr große Aufgaben zu bewältigen.“

Zahlen weisen in die richtige Richtung

Der zu Beginn des letzten Jahres zum neuen Betriebsleiter des Eigenbetriebes Neue Wege Bergstraße berufene Stefan Reschmann hat seit dem 1. November 2012 auch einen Stellvertreter. Erster Kreisbeigeordneter Thomas Metz stellte zu Beginn der Jahrespressekonferenz den in der Gemeinde Gorxheimertal wohnhaften Harald Weis vor. Weis war von Gründung des Eigenbetriebes an Mitarbeiter und zuletzt mit der Führung des Job-Centers in Viernheim beauftragt.

Kreis in vielen Bereichen besser als der Landesschnitt

Thomas Metz und Stefan Reschmann gaben einen Einblick in die Arbeit des Eigenbetriebes, die laut Stellenplan 2013 von 138 Mitarbeiter geschultert wird. Besonders stolz ist man auf die Maßnahmen „interne und externe Einstiegsoffensive“, dem zentralen Instrument, mit dem Arbeitslosen Wege zur Rückkehr in die Arbeitswelt eröffnet werden sollen. Reschmann: „Diese Maßnahme ist unser Baby. Es findet mittlerweile bundesweit Beachtung.“ Davon zeugen Besuche aus allen Teilen der Republik, zuletzt aus dem Kreis Schaumburg. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen, so Thomas Metz, könne man für 2012 mit positiven Zahlen aufwarten. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen nahm von 4 220 im Dezember 2011 auf 3 949 ab. Die Zahl der unter 25-jährigen Personen konnte durch die Arbeit des Ei-genbetriebes von 120 auf 81 abgesenkt werden.

Der Kreis Bergstraße liegt bei den Langzeitarbeitslosen mit 2,86 Prozent unter der Quote für Hessen. Für Bezahlung von Kosten für die Unterkunft wurden 28,8 Millionen Euro aufgewandt. 1 474 Menschen wurden in den ersten Arbeitsmarkt integriert und zwar absolut, ohne 400 Euro-Jobs und ohne Vermittlung in berufliche Ausbildung. Die Vorgabe des Kreistages, bis Ende 2012 eine Arbeitslosenquote bei der Langzeitarbeitslosigkeit zu erreichen, die sich im Vergleich zu 2008 um 0,2 Prozentpunkte besser entwickeln sollte als im hessischen Durchschnitt, wurde erreicht.

Die Ausgabensumme für allein Regelleistungen und Kosten der Unterkunft konnte im Vergleich zu 2008 im Jahr 2012 um acht Millionen Euro reduziert werden. Fünf Millionen Euro davon resultieren aus der besseren Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Kreis Bergstraße gegenüber der durchschnittlichen Entwicklung der Quote in Hessen. Damit, so Kreisbeigeordneter Metz, habe sich die Zielsetzung, der kommunalen Sozialpolitik, die Menschen in Arbeit zu bringen, als richtig erwiesen.

Viele neue Projekte werden im Jahr 2013 fortgesetzt

Grund dafür ist die Vermittlungs- und Qualifizierungsstruktur von Neue Wege, an deren vielfältigen Angeboten 3 499 Menschen teilgenommen haben. Sie reicht von den Einstiegsoffensiven über das Integrationscenter und den Zielgruppenmaßnahmen bis hin zur Vergabe von 117 Bildungsgutscheinen, mit denen Kosten für notwendige Ausbildungen übernommen wurden. Das Bildungs- und Teilhabepaket, das der Bundesgesetzgeber für die Unterstützung bedürftiger Kinder und Jugendlicher aufgelegt hat, wurde von 46,6 Prozent der Bezugsberechtigten in An-spruch genommen und bildet sich in der Ausgabensumme von 984 541 Euro für 2012 ab.

Nach den Worten von Thomas Metz will sich der Eigenbetrieb weiter der sozialpolitischen Herausforderung stellen, speziell Menschen mit komplexen Problemlagen gezielte Unterstützung anzubieten. Dazu wurde im Sommer 2012 das Programm „eoPLUS“ gestartet, in dem gemeinsam mit den Leistungsberechtigten im Blick auf ihre Möglichkeiten trotz bestehender Einschränkungen die nächsten Schritte auf dem Weg in den Arbeitsmarkt durch einen Allgemeinmediziner, einen Psychologen sowie einen Jobcoach in einem Arbeitsplan festgehalten werden.

Der Eigenbetrieb will das Pilotprojekt „eoPlus“ nach Abschluss des Erprobungsjahres ausweiten. Die Zahl der Integrationscenter wird beibehalten. Die Fördermaßnahmen „50Plus“ für ältere Arbeitslose sollen weiter ausgebaut werden. Die Förderung von Behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen wird durch mobile Beratung und durch die Besetzung von 20 Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte ergänzt.

Bildungsgutscheine für individuelle Qualifizierungen sollen noch zielgerichteter eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern durch Schaffung gemeinsamer Qualifzierungsprojekte soll verstärkt werden. In Kommunalprojekten in drei Gemeinden im Kreisgebiet sollen zielgerichtete Betreuungsmaßnahmen durchgeführt werden.

„Die beste Art, Armut zu bekämpfen“

HEPPENHEIM.

Für Metz und Rechmann ist dies der alles entscheidende Vergleich: Am 1. Januar 2005, als der Eigenbetrieb seine Arbeit aufnahm, waren im Kreis Bergstraße 17 000 Menschen auf Sozialhilfe angewiesen. Am 31. Dezember 2012 waren es 13 000. „Wir interpretieren die Zahlen nicht so, dass wir Problemlagen wegdiskutieren. Wir haben ein Armutsproblem. Aber wir stellen fest, dass es deutlich weniger Menschen gibt als vor sieben Jahren, die auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB) angewiesen sind“.

„Neue Wege hat sich etabliert. Wir sind aus dem Experimentierstadium heraus“, sagten Metz und Rechmann. Sie erinnerten daran, dass es bis 2010 unsicher war, ob die sogenannten Optionskommunen auf Dauer Langzeitarbeitslose betreuen und vermitteln und ob sie sich um die sogenannten Bedarfsgemeinschaften kümmern dürfen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile Klarheit geschaffen.
Andererseits hat das Regierungspräsidium Darmstadt dem Kreis vorgeschrieben, auch im Eigenbetrieb Neue Wege die Personalkosten zu senken. Das hat laut Rechmann dazu geführt, dass in diesem Jahr 138 Stellen besetzt werden können, während es 2012 noch 149,5 waren. So blieb eine Stelle im sogenannten Arbeitgeberservice unbesetzt. Das habe sich auf die Vermittlungserfolge ausgewirkt.
Metz und Rechmann verbreiteten am Freitag in Heppenheim mehrere Erfolgsmeldungen: So habe der Kreistag 2008 in seinem Beschluss, die Abläufe im Jobcenter zu überprüfen, unter anderem festgelegt, dass bis Ende 2008 die Vermittlungsquote mindestens um 0,2 Prozent besser sein müsse als im hessischen Landesdurchschnitt. Tatsächlich wurde der Wert um fast ein Prozent unterboten. Im Vergleich zu 2008 habe der Eigenbetrieb seine jährlichen Kosten um acht Millionen Euro gesenkt. Fünf Millionen davon sind das Resultat rückläufiger Arbeitslosenzahlen. „Diese Leistungserfüllung ist die beste Art, Armut zu bekämpfen. Die beste kommunale Sozialpolitik ist die, die SGB-II-Quote zu senken“.

Dass Neue Wege vorbildlich arbeitet, zeigt sich nach Ansicht von Rechmann auch darin, dass Fachleute aus ganz Deutschland nach Heppenheim kommen, um sich beispielsweise über die Funktionsweise der „Einstiegs-offensive“ zu informieren. Dieses Modell hatte sich der Kreis bei dem Niederländer Dick Vinkin mit dessen „Werkakademie“ abgeschaut und so weiterentwickelt, dass es offenbar besser funktioniert als das Original.
Die Einstiegsoffensive ist im Jobcenter Bergsraße das zentrale Element in einem „kunterbunten Strauß“ von Methoden, mit denen Menschen ohne Job individuell betreut werden.

Die Zahl der arbeitslosen SGB-II-Empfänger lag im Dezember 2012 bei 3949. Das entspricht einer Quote von 1,7 Prozent. Insgesamt waren im Kreis Bergstraße im Dezember 6337 Menschen ohne Arbeit (4,6 Prozent). Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im Dezember 2012 wird mit 6763 angegeben, 104 weniger als ein Jahr zuvor. Es wurden 2967 „Aufstocker“ betreut, 258 weniger als ein Jahr zuvor. Insgesamt hat das Jobcenter Bergstraße im vergangenen Jahr 32 Millionen Euro an Regelleistungen ausgegeben, 1,2 Millionen weniger als 2011.

Starkenburger Echo, 18.01.2013